Aloah Blogbuch,
es rolllllt. Dienstag morgen antreten zur Gewichtskontrolle. 182,7 kg. D.h., seit meiner Abfahrt vor 3 Wochen 12,3 kg weg. Drill Insttructor Weber hat mich nochmal auf die Waage gebeten und leise „Stimmt“ gewinselt. Obwohl ich eine gewisse Befürchtung in mir trug. Das war wie folgt, also so:
da bei Marius und mir Dienstag Morgen Kilo-Rapport angesagt ist, haben wir uns vorgenommen das System zu überlisten und am Abend vorher nur eine Scheibe Knäcke mit irgendeinem Aspikzeugs zu essen. Das war der Vorsatz. Das System aber hat UNS überlistet. Beim betreten des Raumes schnüffelt es nach gekochter Irgendwas Wurst. Marius, der nach eigener Aussage auf Tierkadaver abfährt, bleibt wie angewurzelt in der Kantinentür stehen. Ein wenig erinnert er er mich an die vier Jamaikaner aus „Cool Runnings“ die am winterlichen Flughafen von Calgary unmittelbar nach der Landung eine Temperaturschock-Starre erleiden und regungslos an der Aussentür stehen bleiben. Ich möchte dem sabbernden Marius einen Eimer unters Kinn stellen lasse es aber dann doch bleiben. Ich trenne mich von dem Angewurzelten und bedauere ihn.
Ich hole mir meine Scheibe Knäcke mit Aspik und, ääh, und, oooooh, „wasndas?“ SO LANGE DER VORRAT REICHT. Reste vom Mittagessen. Tortellini, die ich mir mittags noch verkniffen hatte, offenbaren sich mir auf unwiderstehliche Weise. Überbacken mit Käse würde ich das mit reingewurstelte Gemüse sogar in Kauf nehmen. Aaah. Nein. Den Kilo-Rapport vor Augen steht mein Entschluss: ICH! NICHT!
Am Tisch stehen Marius und ich uns mit den beiden Tabletts gegenüber. Ich präsentiere eine satte Portion überbackenes Tortellini-Gemüse Gemisch und Marius hat zwei Mettwürste getellert – mit Senf und Ketchup. Betroffen, schweigsam und erschrocken über unseren eigenen Schweinehund futtern wir die Sünden in uns rein. Es ist schon eine Krux mit Überraschungsangriffen.
Am Sonntag hat Sackgesicht, den ich aufgrund unseres stetig besser werdenden Miteinanders ab heute Anton nenne, seine Grenzen aufgezeigt bekommen. Bei der kleinen Abendwanderung war er es, der hinterherdackelte und ich drückte ihm dann den alles entscheidenden Spruch rein: „Beeil Dich. Sonst schaffen wir es nicht mehr bis zum Schwimmen! Das heisst, ich schon.“ Berufsschullehrer Wolfgang lacht , der sofort wusste worauf meine Äusserung anspielte (siehe Blog vom 3. August).
Montag war Sport Tag bei mir. ICH! HABE! MEINEN! BALG! ÜBER! 2! STUNDEN! BEWEGT! Kann sich eigentlich jemand mit 2 Kilo Über- oder Untergewicht vorstellen, was das heisst? Es war auch eigentlich ganz gut. Morgens Dicken-Sport, Abends Federball. Mein 20-jähriger Gegenspieler hat mich dabei allerdings dermassen auf die Palme gebracht, dass ich, um Contenance bemüht, nach 25 Minuten einen Klogang vortäusche und nach 35 Minuten ans Ergometer wechsele. Warum? Während ich meinen aus den Fugen geratenen Astralbody von links nach rechts, von vorn nach hinten und von unten nach oben wuchte und fast jeden seiner beschissenen Schläge pariere pfeift er beharrlich ein Liedchen. 20 Minuten lang. Ich frage ihn, ob ich ihn genug rausfordere. „Is‘ schon OK“ spricht der Pfeifer, mit zwei ‚f‘. Nach fünf weiteren Minuten muss ich aufs Klo. Nach 35 Minuten Ergometer erhole ich mich noch 45 Minuten im 31° warmen Salzwasser und ziehe beharrlich aber in Frieden meine Bahnen. Ich muss rückblickend grinsen. So ist das halt, mit 20 Kilo Übergewicht.
Morgen geht’s ans Eingemachte. Da werde ich Teil einer Kochrunde sein. Da mir ehrlich gesagt ausser Nudeln-in-kochendes-Wasser-schütten oder alternativ Sauerländer-in-kochendes-Wasser-legen nicht viele praktische Küchenhandgriffe geläufig sind erwarte ich ein Desaster inmitten von 7 Patientinnen sowie einer Diätberaterin. 8 Frauen gegen mich. Ich plane schon mal meinen Auszug oder werde irgendwelche Phobien gegen Kochtöpfe, Pfannen oder Messer aller Art vortäuschen um dann ganz grosszügig das Tisch ein- und abdecken anzubieten. Zu allem Überfluss gibt es auch noch Fisch! Was schreie ich auch „ICH“ ohne auch nur einmal kurz nachzudenken ob ich wirklich Interesse an der „Therapie-Küche“ habe. Donnerstag gibt’s noch eine kleine 4er Runde „schnelles Essen in 1 Stunde selbstgemacht“. 3 Frauen gegen mich. Naja. Was schreie ich auch.
Freitag wird’s spannend. So wie es aussieht, werde ich mich in der Nacht von Freitag auf Samstag in einem Schlaflabor in Grünstadt wiederfinden. Dasselbe dann nochmal von Montag auf Dienstag. Die kurzfristig angesetzte Aktion wird mein nächtliches Schnarch-Atem-und-Nicht-Atmen Verhalten beobachten. Stark. Die für mich hier im Hause zuständige Ärztin sagt mit einem rumänisch-klingenden Akzent „und Sie düRRfen keine KRRäms im Gäsicht haben und müssän RRasiat sein!“ „Rasiert? W-w-wo denn?“ frag ich etwas unsicher. „Im Gäsicht.natüRRlich. Was glaubän Sie dänn wo deRR Schlaf gemässen wiRRd?“ Taste „STOP“ – Satz missglückt. Bitte nochmal von vorne. ‚Mach das Licht aus, wenn Du gehst‘ sage ich zu mir selbst. WAS FÜR DOOFE FRAGEN KANN EIN MENSCH NUR STELLEN!!!! Ich schäme mich für den Vater meiner Tochter und wechsel das Thema.
„Wie komm‘ ich’n dahin und wie weit ist das überhaupt?“ „Circa 15 km. TRRanspoRRt ist IhRR PRRobläm.“ „Nö“ sag ich. „Dann mach ich das lieber in Köln. Da habe ich bereits einen Termin.“ Sie windet sich und ich habe den Eindruck, dass sie den Pluspunkt einer möglichen zusätzlichen Verbesserung meines Gesundheitszustandes im Rahmen der Generalüberholung, wie Verena es nennt, sich bzw. der Klinik zuschreiben möchte. Da hier ständig von Buddhas und buddhistischen Lehren die Rede ist, biete ich an, mich auch in einer Rikscha dorthin fahren zu lassen. Sie lacht: „das habbän wiRR nicht !“ Ach was. Das war nicht zu erwarten. Die Verhandlungen diesbezüglich laufen noch. Kein Transport. Kein Schlaflabor. Die Punkte würden an Köln Merheim gehen. Bin gespannt, was noch kommt.
„Morgen Abend zeigen sie ‚FRIDA‘ „ quakt Julia mich an. „Guckst Du den auch?“ Auch? Hatte ich vor. Überlege aber, ob ich jetzt auf-dem-Klo-in-der-Nase-puhlen“ vorziehe. Ich werde es mir aber wohl doch ansehen. Hauptsache sie quasselt nicht die ganze Zeit. Oder ich gehe einfach 2 Minuten später hin und setz mich woanders hin. Mal sehen.
Es wird das Ende eines Tages sein, den ich mit Greuel erwarte. Mit Kochen gegen 8 Frauen, Rückenschule und Nordic Walken. Nicht so schlimm wie Marius‘ Tag heute. Zusätzlich zu seiner Schmach beim Wiegen (halbes Kilo mehr als letzte Woche) hat er in der 9-köpfigen „Problem-Lösungs-Gruppe“ einen Streit angezettelt, während dessen Verlaufes 3 Personen den Raum verlassen haben und eine 4. Person ihm „Alzheimer und ewigen Dünnpfiff bis ans Lebensende“ gewünscht hat. Anschliessend mussten zwei Therapeuten fünf direkt oder passiv betroffenen Patienten wieder aufmöbeln und funktionsfähig basteln. Marius hat aus Frust darüber einen Bienenstich und ein Snickers im Kiosk gegessen. Er tut mir leid, weil mir dieses Verhaltensmuster nur allzu bekannt vorkommt und man mit IHM noch nicht darüber gesprochen hat. Ich biete ihm als Ersatz für die kommenden zwei Stunden mein Ohr an. Es werden beide Ohren werden.
Und sonst? Jetzt geht’s auf den Ergometer. Danach duschen und Anruf der daheim gebliebenen Ehefrau abwarten. Abschliessend endlich mal in Ruhe ins Reinhard Mey Album reinhören. Nürnberg hat am Wochenende einen 2:0 Kantersieg beim 4. Ligisten in Trier gelandet, zum Thema Cola Zero gibt’s ÜBERHAUPT KEINE einheitliche Meinung unter den hiesigen Experten (bis zum Beweis der Schuldigkeit erkläre ich sie für unschuldig), Stella hat mich zum Fressen gern, „wer einmal das Saarland verlässt, kehrt nie wieder zurück“ und „Deutschland ist in 20 Jahren ein einziges, riesiges Altersheim“ (beide Aussagen vom Co-Therapeuten Drill Instructor Weber; nicht übel), ich benutze fast nur Treppen (schwitz, trief), Marlies beantragt ‚Ergotherapie‘ weil sie auch mal aufs Ergometer möchte (Wolfgang und ich möchten was sagen, müssten uns dann aber wegschmeissen vor Lachen und schweigen daher lieber), die CD der letzten Tage ist das von Patrick überlassen Hörbuch „Millionär“und ich freue mich auf Samstag, wenn die Family kommt.
Abschliessen möchte ich mit einem Satz den mir Andreas Irle geschrieben hat und mein ganzes Ding hier prima zusammenfasst:
Mit Jesus Christus mutig voran.
GOTT ist gross.
Benny - ich bin schockiert!!! Wer kümmert sich denn dann immer um unser Essen in der Kochrunde, wenn du es nicht bist??? Ich dachte immer, du wärst der Chefkoch, und dabei scheint es wohl Petra zu sein. Vielleicht kocht ihr ja auch Gnocchi - die kannste doch ;-)
AntwortenLöschenWir denken weiterhin viel an dich, drücken die Daumen und sind mächtig stolz auf dich. Pass weiter auf dich auf und sei stark.
Ach so - und rasier dich ordentlich!!!